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Aru kämpft gegen das Böse

Adolph-Kolping-Schülerin gewinnt Preis des bayernweiten Wettbewerbs „crossmedia“

Aru kämpft gegen das Böse

Adolph-Kolping-Schülerin gewinnt Preis des bayernweiten Wettbewerbs „crossmedia“

Sie fielen auf Kastales ein, gewalttägig und rücksichtslos, mit dem Ziel, den Planeten zu erobern. „Dabei wurde Kastales als Ort erschaffen, wo alle Bewohner, egal, wie sie sind, friedlich zusammenleben können“, sagt Leonie. In Frieden leben – das ist auch Leonies größter Wunsch. Oft hat es die 17-Jährige aus der Würzburger Adolph-Kolping-Berufsschule anders erlebt. Unfriedlich. Fies. In ihrer Geschichte „Superior Forces“, für die Leonie am 22. November in München ausgezeichnet wird, arbeitet sie ihre Erlebnisse ein.

Dass ihr Fleiß nun Früchte trägt, freut Leonie, die sich mit Künstlernamen „Neonoxis“ nennt, ungemein. Denn die Stunden, die sie bisher in ihre Geschichte investiert hat, kann sie gar nicht zählen. Um die 100 Charaktere hat die Jugendliche erschaffen. Alle entstanden am Computer. Das ist denn auch der Grund, warum die Berufsschülerin am Freitag ins Funkhaus des Bayerischen Rundfunks eingeladen wird. Dort werden die Gewinner des Wettbewerbs „crossmedia“ gekürt. An diesem Kreativ-Wettbewerb des Bayerischen Kultusministeriums, der Landesarbeitsgemeinschaft Neue Medien und des Bayerischen Rundfunks können bayerische Schüler aller Altersstufen teilnehmen. Ausgezeichnet werden Projekte, die mit Computer, Handy oder Elektronik realisiert wurden.

Manche ihrer Bekannten fragen sich, wo Leonie nur die Geduld hernimmt, ihre Zeichnungen zu schaffen. An einem einzigen Blatt sitzt sie oft den kompletten Tag. Von morgens bis abends. Doch genau das tut ihr gut, erzählt Leonie. Zeichnend schaffte sie es in den vergangenen vier Jahren nach und nach, sich von ihren Depressionen und Ängsten zu befreien. „Natürlich war das Zeichnen nur ein Mittel“, räumt die Jugendliche ein. Leonie erhielt auch ärztliche Hilfe. Doch Tabletten alleine, ist die Schülerin überzeugt, hätten sie niemals dorthin gebracht, wo sie heute ist: „Ich hatte früher überhaupt kein Selbstwertgefühl, jetzt bin ich wenigstens ein bisschen selbstbewusster.“

Dass sich Leonie mit etwa 13 Jahren entschloss, zeichnend Charaktere zu entwickeln, lag an einer Instagram-Bekanntschaft: „Ich lernte eine Jugendliche aus Berlin kennen, die ebenfalls zeichnet.“ Einmal sahen sich die zwei Mädels: „2015 fuhr ich für ein paar Stunden nach Berlin.“ Seither haben die beiden ausschließlich virtuellen Kontakt. Doch der ist äußerst fruchtbar. Leonie bezeichnet ihre Instagram-Freundin als „größte Inspirationsquelle“. Ohne „Jex“, wie sie die Freundin nennt, wäre es wahrscheinlich auch nie zur Entwicklung der komplexen Geschichte „Superior Forces“ gekommen.“

Leonies Charaktere haben sehr spezielle Fähigkeiten, sehr individuelle Bedürfnisse und sehen sehr „besonders“ aus. „Aru“ heißt eine Figur, die im Zentrum der Story steht. Aru hat sich dem Kampf gegen das Böse verschrieben, sie setzt alles daran, Kastales zu retten. Die Figur hat vier Ohren und das Talent, in die Vergangenheit zu schauen. Begegnet sie einem anderen Wesen, weiß sie nach kürzester Zeit, was dieses Wesen mitgemacht hat. „Geht es ihm nicht gut, will Aru helfen“, erzählt Leonie. Wie alle anderen Figuren, trägt auch Aru viele Züge ihrer Schöpferin. So war auch Leonie lange vom Drang beseelt, anderen Menschen, denen es mies geht, zu helfen.

Tut man das zu intensiv, droht die Gefahr, sich selbst zu verlieren. Leonie hat das erkannt. Wie sie in den letzten Jahren überhaupt hinter sehr viele Dinge blickte, die sie lange belastet haben. So jung sie ist, hat Leonie viel zu sagen. Denn die Jugendliche denkt intensiv nach über das, was ihr widerfahren ist und was sie täglich neu erfährt. Als besonders schlimm erlebt es die Schülerin, wie schnell Menschen heutzutage abgewertet und ausgegrenzt werden, weil sie „anders“ sind. Vor allem dagegen geht sie in ihrer Geschichte vor: „Meine Charaktere sind zum Beispiel oft nicht eindeutig männlich oder weiblich.“ Sie sind sie selbst. Und wollen nicht von außen definiert werden. In ihrer Geschichte setzt sich die Jugendliche damit auch intensiv mit den Themen Homosexualität und diverse andere Sexualitäten auseinander.

Ein großer Traum der 17 Jahre jungen Künstlerin wäre es, ihre Geschichte, die bisher nur in Zeichnungen vorliegt, als Animationsfilm zu realisieren. Stoff hätte sie für etliche Folgen: „Doch ich müsste lernen, wie man Animationsfilme macht.“ Am liebsten würde Leonie nächstes Jahr, nachdem sie an der Adolph-Kolping-Berufsschule ihren Quali gemacht hat, auf eine Kunstschule gehen. Oder ein Designstudium beginnen. Das Talent hätte sie. Aber ob sie sich traut, diesen Weg einzuschlagen?

Oft fehlt Leonie noch die Courage, sich zu präsentieren. Wie ihre Figur Aru hasst sie es, im Rampenlicht zu stehen. Und alle Augen, auch die neidischen, auf sich gerichtet zu wissen. Deshalb blickt die junge Frau auch mit gemischten Gefühlen der Preisverleihung des crossmedia-Wettbewerbs entgegen. Denn noch kann sie es sich nicht vorstellen, in aller Öffentlichkeit eine Auszeichnung entgegenzunehmen.