Bewegt - Meer und Mehr
Was auf einem Bild zu sehen ist, so eine zum Teil noch verbreitete, irrige Ansicht, spiegelt die Realität wider. Doch das stimmt nicht, sagt Manfred Neuner. In seinen Werken, die in Kürze unter dem Titel „Bewegt - Meer und Mehr“ in der Galerie im Treppenhaus der Würzburger Kolping-Akademie zu sehen sein werden, spielt er vielmehr mit der Realität. „In meine Landschaftsgemälde fließen Erinnerungen und subjektive Eindrücke ein“, so der Würzburger Künstler, dessen Ausstellung am 30. März eröffnet wird.
Schon als Manfred Neuner ein kleiner Junge war, machte es ihm Spaß, zu malen. Als Teenager begeisterten ihn die Bilder des phantastischen Realismus. „Vor allem Werke von Rudolf Hauser faszinierten mich, einige habe ich in Collagentechnik nachgestaltet“, erzählt der 72-Jährige. Berufsbedingt musste Neuner längere Zeit mit dem Kunstschaffen pausieren. In den 1990er Jahren begann er neuerlich, sich intensiv mit dem Malen zu befassen. In Istanbul, wo er damals tätig war, stellte er 1991 erstmals eigene Werke aus. Heute hat sich der pensionierte Lehrer der Landschaftsmalerei verschrieben. In der Kolping-Akademie präsentiert er über 60 Öl- und Pastellgemälde.
Ein Künstler hat oft ein festes Ziel und versucht, dieses Ziel konsequent zu verfolgen. Ein bestimmter Duktus, eine bestimmte Technik oder ein bestimmter Stil werden immer weiter perfektioniert. „Ich hingegen möchte mich nicht festlegen und wende deshalb bewusst ganz unterschiedliche Techniken an“, erklärt Neuner. Der Würzburger Künstler liebt es, zu experimentieren. Er greift nicht nur zum Pinsel, sondern spachtelt zum Beispiel auch viel. Am Malprozess reizt es ihn, Bilder so lange zu bearbeiten, bis sie die größtmögliche Ausdruckskraft gewonnen haben. Auf die Landschaftsmalerei verfiel er aus einer tiefen Sehnsucht nach unberührter Natur heraus.
Beim Malen kann Manfred Neuner seiner Fantasie freien Lauf lassen. „Ich möchte mich beim Malprozess selbst immer wieder neu entdecken“, erklärt er. Faszinierend ist für ihn, den eigenen Empfindungen nachzuspüren, die auftauchen, während ein Bild entsteht. Intensiv lebt Neuner in seinen sich allmählich vervollkommnenden Werken. Malt er zum Beispiel eine Düne vor einem Meeressaum, versetzt er sich gedanklich so tief in diese Szenerie, dass er das Meer förmlich spüren kann. Er hört die Wellen ans Ufer schlagen. Fühlt den fächelnden Wind. Eben diese, aus Erinnerungen gespeisten Eindrücke und Empfindungen, fließen wiederum ins Bild hinein. Und machen es so lebendig.
Manfred Neuners Werke waren schon im jüdischen Museum in Veitshöchheim, im Marktheidenfelder Franck-Haus sowie, 2021, in der Mellrichstadter Kreisgalerie zu sehen. Kein Jahr verging in letzter Zeit, in dem er seine Werke nicht präsentiert hätte. Neuners Landschaftsmalereien, in denen der Künstler mit Farben, Licht und Schatten experimentiert, begeistern, weil sie keine verklärte Idylle zeigen. Zwar ist ihm persönlich die Natur in vielen Augenblicken Trost und Labsal: „Doch Natur kann auch bedrohlich sein.“ Man denke an Orkane. An klirrende Kälte. Oder hereinbrechende Wasserfluten. Diese Seite der Natur spart Neuner nicht aus.
Dass Kunst keine Nebensächlichkeit ist, wurde in der Corona-Krise überdeutlich: Für viele Menschen bedeutete es einen echten Mangel, dass sie nicht mehr in Ausstellungen, Konzerte oder ins Theater gehen konnten. Für Manfred Neuner ist Kunst seit mehr als 30 Jahren ein essenzieller, unverzichtbarer Bestandteil des Lebens. Als Künstler macht er sich auch viele Gedanken über den Umgang mit Kunst in unserer Gesellschaft. Was wird jeweils als Kunst empfunden? Aus welchen Gründen spült die Kunstszene einen bestimmten Künstler nach oben?
Für ihn selbst, der schon des Öfteren ausgestellt hat, ist eine Vernissage jedes Mal wieder etwas Aufregendes: „Mich interessiert es sehr, wie meine Bilder bei den Betrachtern ankommen.“ Dafür, dass er die Chance erhielt, in der Galerie im Treppenhaus der Kolping-Akademie auszustellen, ist Manfred Neuner äußerst dankbar. In der regionalen Künstler-Szene, so der Maler, habe die Kolping-Akademie als Ausstellungsort einen sehr guten Ruf: „Die Ausstellungen sind immer bestens organisiert und das Team steht mit Leidenschaft hinter den jeweiligen Kunstprojekten.“
Darf man sich angesichts dessen, was sich gerade auf unserem Planeten vollzieht, dem Kunstschaffen hingeben? Dies ist eine Frage, die auch Manfred Neuner bewegt. Malend, so der Künstler, findet er Abstand zu dem Unvorstellbaren, das sich gerade ereignet. Was wichtig ist, um sich davon nicht überwältigen zu lassen. Gleichzeitig sei er unendlich dankbar dafür, dass er die Ruhe, den Frieden und die materiellen Mittel hat, seine Kunstleidenschaft auszuleben. Vom Krieg sind selbstverständlich auch Künstler betroffen. Viele werden vermutlich auf absehbare Zeit keine Möglichkeit mehr haben, Kunst zu schaffen.
Ausstellung vom 30.03. bis 15.09.2022 im Kolping-Center Mainfranken
Öffnungszeiten: Mo – Fr 08:00 Uhr 17:00 Uhr, Sa 08:30 Uhr – 15:00 Uhr