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Es beginnt mit Worten

Adolph-Kolping-Schüler*innen machen auf den Anti-Rassismus-Tag am 21. März aufmerksam

Es beginnt mit Worten

Adolph-Kolping-Schüler*innen machen auf den Anti-Rassismus-Tag am 21. März aufmerksam

Wie das ist, Outsider zu sein, weiß Marc (Name geändert) nur zu gut. „Sie hatten mich in meiner alten Schule runtergemacht, weil ich ein Heimkind bin“, sagt der Zwölfjährige. Marc fand das grässlich. Deshalb wurde er sehr sensibel, was Ausgrenzung anbelangt. In der Würzburger Adolph-Kolping-Schule mit integrierter Heilpädagogischen Tagesstätte, wo er derzeit unterrichtet wird, geht man aktiv gegen Ausgrenzung vor, denn seit fünf Jahren gehört die katholische Bildungseinrichtung dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ an. Das findet Marc klasse.

Hat jemand nicht das Normalgewicht, ist er also zu dick oder zu dünn, spricht er etwas anders oder verhält er sich „komisch“, dann läuft diese Person Gefahr, ausgegrenzt zu werden. Viele Kinder aus der Adolph-Kolping-Schule haben das selbst erlebt. Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus, der am 21. März begangen wird, machen sie darauf aufmerksam, wie weh es tut, beleidigt, belacht oder ausgeschlossen zu werden, nur weil man ein bisschen anders ist. Und sie wollen zeigen: Im Grunde ist es kinderleicht, mehr noch, es ist spannend und sehr interessant, „bunt“ miteinander zu leben.

Am Anfang war Marc ganz perplex über das, was die anderen Kinder sagten, als er noch in der Grundschule war. Dann begann er, nachzudenken: Was haben die anderen denn eigentlich gegen ihn? Marc entdeckte, dass es krasse Vorurteile gegenüber Heimkindern gibt: „Viele denken, die wären aggressiv.“ Das ist natürlich ein riesengroßer Blödsinn: „Wir sind genauso friedlich wie alle anderen.“ Aber so scheint es überhaupt zu funktionieren, begriff der Junge: Die Leute glauben das. Haben keine Lust, zu prüfen, ob das, was sie glauben, stimmt. Dann handeln sie entsprechend. Sie beleidigen Heimkinder. Schwule. Dicke. Oder Dünne.

Es gibt Leute, die warnen, es sei inzwischen fünf Minuten vor zwölf: Wenn nicht aktiv gegengesteuert wird, drohe unsere Gesellschaft zu zerreißen. Denn das Gegeneinander wird immer schlimmer. Osman kann diese Warnungen nachvollziehen: „Dass Menschen ausgegrenzt werden, kommt wirklich sehr oft vor“, sagt der 16-jährige Adolph-Kolping-Berufsschüler. Osman hat mehrfach beobachtet, wie Stärkere gegen Schwächere vorgehen: „Und keiner traut sich, den Schwächeren zu helfen.“ Er selbst hat den Mut, einzuschreiten, erzählt der Jugendliche. Selbst wenn er damit riskiert, dass die anderen auch ihn ausgrenzen.

Ein Mensch, der wegen einer Querschnittlähmung im Rollstuhl sitzt, jemand, der blind oder gehörlos ist oder einer, der vielleicht nicht so rasch begreift, ist genauso viel wert und hat genau dieselben Rechte wie alle anderen. Das meint das sperrige Wort „Inklusion“. Eigentlich hat sich unsere Gesellschaft der Überzeugung „Alle sind gleich“ verschrieben. Doch tatsächlich ist man von diesem Ideal noch meilenweit entfernt, beobachten die Adolph-Kolping-Schüler*innen. Ein Jugendlicher berichtet zum Beispiel, dass er früher gehänselt wurde, weil er, nachdem ein Elternteil von ihm nicht aus Deutschland stammt, die deutsche Sprache nicht fehlerfrei beherrschte. Darcy bekam Spott ab, weil sie sich als transsexuell outete.

In der Adolph-Kolping-Schule und der Tagesstätte begnügt man sich nicht damit, Lehrstoff zu vermitteln. Das Schul- und Tagesstättenteam engagiert sich dafür, dass Kinder und Jugendliche mit sozialen und emotionalen Schwierigkeiten zu selbstbewussten, offenen und fair handelnden Menschen heranreifen. Seit man dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ angehört, wurde die Sensibilisierungsarbeit intensiviert. Es gab mehrere Projekte, unter anderem wurden Graffitis zum Thema „Anti-Rassismus“ gesprüht. „Doch vieles findet nebenher statt, ohne in ein Projekt eingebettet zu sein“, sagt Thomas Bauereisen, der die in die Schule integrierte Tagesstätte leitet.

Was zum Beispiel denkt wohl jemand, der im Rollstuhl sitzt, und dauernd das Jargonwort „behindert“ hört? Mann, der hat am Tor vorbeigeschossen – wie behindert! Und diese Frisur von der da, das schaut ja „voll behindert“ aus! Sozialpädagogin Manuela Mlakar lässt so ein Wort nie durchgehen. „Ihr könnt ‚blöd“ sagen oder ‚doof‘, aber ‚behindert‘ geht gar nicht“, erklärt sie, wenn dieser Ausdruck mal wieder völlig gedankenlos fällt. Wörter, vermittelt die Sozialarbeiterin, können wahnsinnig verletzen.

Dass in ihrer Schule alle an einem Strick ziehen und sich für Vielfalt engagieren, finden alle Jugendlichen klasse. Bisher geschah dies mehr im Hintergrund, es ist pädagogischer Alltag in der Einrichtung. Doch nun wollen Schule und Heilpädagogische Tagesstätte mit ihrem Engagement an die Öffentlichkeit gehen. Am 25. März findet, pandemiebedingt im kleinen Rahmen, eine erste offizielle Veranstaltung als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ statt.