Hinter dem ersten Blick
Unter der Überschrift „Im Fluss“ stellt Ulrike Batzel, Künstlerin aus Marktbreit, seit Dienstag im Kolping-Center Mainfranken aus. Das Motto könnte kaum besser zu den Ausstellungsräumen passen, war doch auch bei Kolping in den vergangenen Jahren immens viel im Fluss. „Vor genau 30 Jahren starteten wir unseren ersten Deutschkurs für Aussiedler“, so Peter Langer, Bereichsleiter für Persönliche Bildung in der Kolping-Akademie. Seitdem musste ständig hochflexibel auf die Bedürfnisse neuer Kunden eingegangen werden.
Hochflexibel ist auch der Schaffensprozess von Ulrike Batzel, deren Ausstellung von Klaus Voß eröffnet wurde. „Ich mache nie Skizzen“, so die in Würzburg geborene Autodidaktin, die sich seit vielen Jahren intensiv mit Kunst beschäftigt und dabei ihren ureigenen, aus der Intuition geborenen Stil herausgebildet hat. Konkrete Inspirationsquellen für ihre abstrakten Werke gibt es nicht. Batzel lässt sich weder von der Natur noch von Reisen anregen. „Ist stehe in meinem Atelier am Glastisch oder an der Wand, höre klassische Musik, dann beginnt der Malprozess“, schildert sie.
Batzels Werke sind „Entdeckbilder“. Sich biegende Gräser vermeint der Betrachter zu erkennen. Manchmal ganze Landschaften. Oft schimmern Gesichter auf – manchmal auch Gesichter in Gesichtern. Stimmungen von Menschen lassen sich erahnen. Freude. Oder Angst. Eindeutig ist nichts. Es sind vielmehr die Assoziationen und es ist die Fantasie des Betrachters, die Batzels vielschichtige, bis aufs Äußerste verdichtete Werke zum Leben erwecken. Um alles zu entdecken, was in den Bildern eingewoben ist, braucht es Muße und die Bereitschaft, sich einzulassen. „Meine Bilder sind nichts für Fastfood-Gucker“, meint die Künstlerin.
Batzels Werke strahlen jene Kraft aus, die der Künstlerin selbst eigen ist. Was nicht verwundert. Letztlich geht es der Malerin darum, in ihren Bildern sich selbst auszudrücken. Auch diese künstlerische Reise zu sich selbst ist ständig im Fluss. Schaffend lassen sich stets neue Facetten des eigenen Wesens entdecken. „Alles ist permanente Veränderung“, sagt Batzel. In der heutigen Umbruchepoche macht dies vielen Menschen Angst. Für Batzel hingegen ist Leben nicht anders denkbar denn als ständiger Verwandlungsprozess. Das macht das Leben spannend. Bis dahin, dass ein sich Einlassen auf Veränderungsprozesse Flow-Effekte auslösen kann.
Zu malen ist für Batzel eine einmalige Chance, unter die Oberfläche zu dringen. Den Geheimnissen des Daseins auf die Spur zu kommen. Alles Glatte, Gefällige lehnt sie ab. „Meine Bilder sind keine Tapetenmuster“, sagt sie. Sondern tiefgründige „Seh-Werke“, die sich in dem Maße, in dem sich der Betrachter verändert, mitverändern.
Schon seit ihrer Jugend interessiert sich Batzel für Malerei. Dass ihr Weg in die Kunst nicht über eine Kunstakademie führte, sieht sie heute positiv. Dadurch, so Batzel, habe sie sich freier entfalten können. Ohne Lehrer, die sagten, was richtig und falsch ist.
Batzel beschäftigte sich autodidaktisch mit verschiedenen Epochen, Stilrichtungen und Strömungen der Kunst. Gleichzeitig tauchte sie in die Philosophie und Psychologie ein. Letzteres ist stark zu spüren, steht man in der „Galerie im Treppenhaus“ vor den rund 75 Werken, die sämtlich 2018 entstanden sind. Die Art und Weise, wie Ulrike Batzel ans Kunstschaffen herangeht, wäre zum Beispiel nicht denkbar ohne die Archetypen-Lehre von Carl Gustav Jung.
Die tiefenpsychologische Erkenntnis, dass es ein kollektives Unbewusstes gibt, macht erst verständlich, warum das, was Ulrike Batzel aus sich heraus schafft, andere Menschen so tief berühren kann. Jung zufolge kommt niemand als „tabula rasa“ zur Welt, jeder bringt eine komplette Lebensmatrix mit. Die er durch seine Beziehungen zur Umwelt inhaltlich zu füllen beginnt.
Die Ausstellung in der Galerie im Treppenhaus des Kolping-Center Mainfranken (Kolpingplatz 1) ist bis zum 31. August montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr und samstags von 8.30 bis 15 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen.