Jugendarmut – wir schauen hin!
Wenn man ganz viel Geld hätte, also wirklich richtig viel Geld, könnte man um die Welt reisen, sich ein schickes Auto leisten, vielleicht, wenn man mag, sogar eine elegante Jacht - man hätte quasi Narrenfreiheit. Und wenn man kein Geld hat… ja, wie sieht das eigentlich aus? Wie fühlt sich das eigentlich an? Beim Filmwettbewerb von Kolping-Mainfranken sind junge Leute aufgefordert, sich hierüber einmal Gedanken zu machen. Los geht es jetzt im Herbst. Im Mai 2023 ist Einsendeschluss.
Es gibt Menschen, die sind so arm, dass sie sich kein Ticket für den ÖPNV leisten können. Manche haben am Ende des Monats nicht einmal mehr genug Geld, um Lebensmittel zu kaufen. Dann stehen sie bei der Tafel an. Arm sein bedeutet, sich keine coolen Klamotten leisten zu können. Ferienreisen sind nicht drin. Kinobesuche kommen allenfalls ganz selten in Betracht. Und manchmal wissen Mama und Papa nicht, wie sie die nächste Miete aufbringen sollen. All diese Facetten von Armut können in den Filmbeiträgen thematisiert werden. Angesprochen sind junge Menschen im Alter zwischen 13 und 29 Jahren.
Armut betrifft Leute, die in der Provinz leben. Und Armut betrifft Menschen in der Großstadt. Armut betrifft Alte. Und sie betrifft Junge. Jeder kann letztlich betroffen sein. Im Augenblick wächst auch tatsächlich die wirtschaftliche Not in unserem Land. Das geht aus dem kürzlich veröffentlichten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands hervor. Unter dem Motto „Jugendarmut – wir schauen hin!“ werden Kinder und Jugendliche animiert, sich auf kreative Weise mit dieser wachsenden sozialen Problematik, die nicht nur finanziell begründet ist, auseinanderzusetzen. Angesprochen sind Schüler*innen, aber auch Teenager*innen aus Jugendzentren, Vereinen oder Pfarreien.
Eine spannende Geschichte, emotionale Ansprache und künstlerische Ästhetik sind Qualitätskriterien für einen guten Film. Ulrike Albrecht, Leiterin der Adolph-Kolping-Schule in Schweinfurt, hofft, dass viele gute Kurzfilme eingereicht werden, denn Kolping-Mainfranken schwebt vor, die fünf besten Filme vor Politikern und Politikerinnen und öffentlich zu präsentieren. Die sollen dadurch aus erster Hand erfahren, was Jugendlichen beim Thema Armut im Moment unter den Nägeln brennt. Eingereicht werden können Filme, die in Teams entstanden sind, wobei schon zwei junge Filmkünstler*innen als Team gelten. Als Höchstlänge werden fünf Minuten akzeptiert.
Die Zahl, wie viele Menschen arm sind, beruht nicht nur auf einer rohen Schätzung. Hierzu gibt es Erhebungen des Statistischen Bundesamt. Mit diesen Zahlen arbeitete auch der Paritätische Wohlfahrtsverband. Er kommt zum Schluss: 13,8 Millionen Menschen müssen derzeit in Deutschland zu den Einkommensarmen gerechnet werden. In den Adolph-Kolping-Schulen von Kolping-Mainfranken wird diese Zahl „sichtbar“. „Es gibt zum Beispiel Schüler*innen, die keinen festen Wohnsitz haben“, sagt Ulrike Albrecht. Auch ihr Kollege Andreas Feiler, Schulleiter der Adolph-Kolping-Schule in Würzburg, kennt Kinder und Jugendliche, die aus Familien stammen, wo jeder Cent dreimal umgedreht werden muss.
Rein formal gibt es keine Vorlage, an die man sich sklavisch halten müsste. Alles, erklärt Bildungsreferent Peter Langer von der Kolping-Akademie, ist stilistisch erlaubt: „Vom Rap bis zur Reportage.“ Selbstverständlich können auch Dokumentationen oder gefilmte Theaterszenen eingereicht werden. Ebenso Animationen. Gefilmt werden kann mit dem Handy, mit dem iPad oder mit einer echten Filmkamera. Eine fachkundige unabhängige Jury wird im Frühjahr kommenden Jahres alle eingereichten Beiträge sichten und die besten Filme auswählen. Die Sieger*innen und erhalten attraktive Preise.
Dass auch der Typ mit dem coolen Tattoo oder das Mädchen mit den langen blonden Haaren von Armut betroffen sind, vermag man gar nicht zu glauben. Armut ist ein oft verstecktes Phänomen. Deshalb lautet der Appell zum Filmwettbewerb: „Wir schauen hin!“ Übrigens steht Kolping-Mainfranken mit seinem Engagement gegen Armut in der Diözese Würzburg nicht alleine da. Aktuell läuft eine groß angelegte Kampagne mit dem Motto „Armut trifft …“, die von vielen katholischen Verbänden mitgetragen wird. Jeder hat dabei einen anderen Schwerpunkt. Kolping legt den Fokus auf Jugendarmut, da sich der Verband im Geiste seines Gründers vor allem auch für junge Menschen engagiert.
Bei Wahlkämpfen versprechen Politiker*innen, auf die Problematik angesprochen, unisono, etwas gegen Armut tun zu wollen. Tatsache ist, dass in den vergangenen Jahren zu wenig getan wurde, um Menschen zu helfen, der Armut zu entrinnen, und um zu verhindern, dass Bürger*innen, die bisher noch nicht von Armut betroffen waren, sozial abrutschten. Das macht die diözesanweite Kampagne so wichtig - nicht zuletzt im Vorfeld der nächsten Landtagswahl im September 2023. Gerade mit Blick auf die Wahl sind die Organisatoren des Filmwettbewerbs sehr gespannt auf die kreativen Beiträge der jungen Menschen.
Nähere Informationen zum Filmwettbewerb gibt es hier: Filmwettbewerb arMut